Einspruch Strafbefehl

Einspruch Strafbefehl § 410 StPO

Einspruch gegen Strafbefehl

Sie überlegen, ob Sie gegen Ihren Strafbefehl Einspruch einlegen? Das ist eine schwierige Entscheidung, die gut überlegt sein sollte! Was es beim Einspruch alles zu beachten gibt, lesen Sie hier: 

Pest oder Cholera – Entscheiden Sie selbst

Pest oder Cholera? Sie haben die Wahl:

  • Entweder Sie akzeptieren den Strafbefehl. Dann sind Sie ein verurteilter Straftäter, der Strafbefehl wird im Bundeszentralregister eingetragen, Sie müssen die Geldstrafe bezahlen und die weiteren Nachteile der Verurteilung in Kauf nehmen.
  • Oder Sie legen Einspruch gegen den Strafbefehl ein. Dann kommt es (meist) zur Hauptverhandlung und Sie müssen als Angeklagter vor Gericht erscheinen. Wie die Sache ausgeht, können Sie nicht vorhersehen. Wenn es schlecht läuft, wird der Strafbefehl bestätigt, es bleibt bei der Verurteilung und Sie müssen höhere Verfahrenskosten zahlen. Wenn es richtig schlecht läuft, fällt die Strafe am Ende sogar höher aus.

Anscheinend haben Sie als Strafbefehlsempfänger die Wahl zwischen zwei gleich großen Übeln. Verständlich, dass sich viele schwertun mit der Entscheidung, den Strafbefehl hinzunehmen oder dagegen vorzugehen. Wenn man nur wüsste, ob sich der Einspruch lohnt!

Lohnt sich der Einspruch gegen den Strafbefehl?

Eine Garantie wird Ihnen im Strafverfahren niemand geben können. Sie wissen ja, vor Gericht und auf hoher See…. Allerdings gibt eine ganze Reihe von Kriterien, die Ihnen bei der Entscheidung helfen können. Denn letztlich geht es darum, die Risiken und die Chancen des Einspruchs gegeneinander abzuwägen, gleichzeitig aber auch im Blick zu behalten, welche Folgen der Strafbefehl für Sie persönlich hat. Wichtig dabei:

  • Was können Sie mit dem Einspruch erreichen?
  • Ist das Ziel in Ihrem Fall auch realistisch?
  • Wie kann das Ziel erreicht werden?
  • Müssen Sie wirklich in die Hauptverhandlung oder geht das auch ohne?
  • Wie groß ist das Risiko der Verschlechterung – droht Ihnen tatsächlich eine höhere Strafe oder bleibt es im schlimmen Fall "nur" bei den höheren Verfahrenskosten?
  • Wie hoch sind die? Welche Kosten entstehen mit dem Einspruch?

Nicht alle Fragen werden Sie ohne erfahrenen Anwalt beantworten können – selbst wenn Sie es schaffen sollten, das Internet bis zum Ablauf der Einspruchsfrist durchzulesen. Sorry, aber auch die umfangreichste Webseite kann keinen Fachanwalt für Strafrecht ersetzen. Viele Antworten können Sie aber finden, wenn Sie hier (oder im Ratgeber) weiterlesen. Falls Sie bereits entschieden sind, Einspruch einzulegen, hier finden Sie ein Muster für einen unbeschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl zum Herunterladen. Umfangreiche Muster, die vor allem auch genau erläutert sind, finden Sie im kostenlosen Ratgeber.

 

Was kann mit dem Einspruch erreicht werden?

Viele Strafbefehle sind aus den verschiedensten Gründen falsch, dann ist ein Einspruch fast immer sinnvoll. Was viele aber unterschätzen: Ein Einspruch ist oft auch dann sinnvoll, wenn Sie die vorgeworfene Straftat tatsächlich begangen haben. Auch bei einem "richtigen" Strafbefehl kann die Situation durch einen Einspruch häufig deutlich verbessert werden. Ein Freispruch ist eine prima Sache – häufiger geht es im Strafbefehlsverfahren aber um andere Verteidigungsziele, zum Beispiel:

  • eine niedrigere Geldstrafe;
  • eine Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO);
  • eine Einstellung gegen Auflagen (§ 153a StPO);
  • die Vorstrafe vermeiden, also den
  • Eintrag im Führungszeugnis oder
  • den Eintrag im Bundeszentralregister;
  • Nebenfolgen vermeiden, z. B. ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis;
  • andere Folgen vermeiden, z. B. im Gesellschaftsrecht, im Disziplinarrecht, Schadensersatz- bzw. Regressforderungen (z. B. den Regress der Haftpflicht bei § 142 StGB), usw.

Sie sehen, beim Einspruch geht es nicht immer darum, die Strafe ganz zu vermeiden. Oft ist der Freispruch oder gar die Rücknahme des Strafbefehls kein realistisches Verteidigungsziel. Ganz anders aussehen kann das aber z. B. sein, wenn Sie eine Einstellung gegen Auflage gem. § 153a StPO anstreben. Zwar müssen Sie dann statt der Geldstrafe meist eine Geldauflage bezahlen – eine Einstellung wird aber nicht im Register eingetragen. Bundeszentralregister und Führungszeugnis bleiben also „sauber“. Häufig fällt die Geldauflage bei der Einstellung auch niedriger aus als die Geldstrafe – auch finanziell kann der Einspruch deshalb sinnvoll sein.

Was viele nicht wissen: Einstellungen lassen sich oft ohne Hauptverhandlung erreichen. Der Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des Strafbefehls, dass es nach einem Einspruch zwangsläufig zu einer Hauptverhandlung kommt, ist deshalb so allgemein nicht richtig. Die Rechtsmittelbelehrung stellt nur den gesetzlichen Regelfall dar. Danach soll der Richter nach einem Einspruch den Termin zur Hauptverhandlung bestimmen. Es geht aber auch anders: Vor allem die Einstellung gegen Geldauflage gem. § 153a StPO kann nach einem Einspruch in geeigneten Verfahren auch ohne Hauptverhandlung erreicht werden. Mehr dazu lesen Sie im kostenlosen Ratgeber zum Strafbefehl.

Was passiert, wenn Sie keinen Einspruch einlegen?

Rechtskraft, Geldstrafe, Bundeszentralregister, usw.

Wenn Sie keinen Einspruch einlegen, wird der Strafbefehl rechtskräftig, das heißt, das Verfahren ist beendet und der Strafbefehl wirkt genauso wie ein Urteil. Nach dem Gesetz macht es keinen Unterschied, ob Sie in einer Hauptverhandlung „Im Namen des Volkes“ verurteilt wurden oder ob Sie einen Strafbefehl erhalten haben. Wenn der Strafbefehl rechtskräftig ist, können Sie gegen die Verurteilung grundsätzlich nichts mehr unternehmen (Ausnahmen: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Wiederaufnahme des Strafverfahrens). Die Strafe wird nach Rechtskraft in das Bundeszentralregister eingetragen, unter Umständen auch ins Führungszeugnis (dazu mehr unter BZR & Vorstrafe und im Ratgeber). In manchen Fällen drohen Nebenfolgen zivil- oder arbeitsrechtlicher Art. Auch der Führerschein kann durch den Strafbefehl betroffen sein (Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis, „Punkte in Flensburg“, MPU). Mehr dazu lesen Sie auf der Seite zum Strafbefehl unter „Folgen eines Strafbefehls“. Was es mit den Tagessätzen bei der Geldstrafe auf sich hat, lesen Sie auf der Seite „Tagessatz Strafbefehl“.

Fälligkeit der Geldstrafe – wann muss die Geldstrafe bezahlt werden?

Wenn Sie keinen Einspruch einlegen, wird die Geldstrafe fällig. Wann Sie die Geldstrafe zahlen müssen, steht in dem Schreiben, das dem Strafbefehl beigefügt war. Die Verfahrensweise ist nicht einheitlich, sondern unterscheidet sich von Bundesland zu Bundesland oder auch von Staatsanwaltschaft zu Staatsanwaltschaft: Teilweise wird die Zahlungsaufforderung über die Geldstrafe und die Verfahrenskosten gleich zusammen mit dem Strafbefehl verschickt. Fällig ist die Summe dann nach Rechtskraft, also nach Ablauf der Einspruchsfrist. Das ist die eine Möglichkeit. Die andere Möglichkeit ist, dass Sie warten müssen (dürfen), bis Ihnen die Staatsanwaltschaft nach Eintritt der Rechtskraft eine gesonderte Zahlungsaufforderung über die Geldstrafe und die Verfahrenskosten schickt. So ist zum Beispiel die Verfahrensweise in Berlin. In diesen Fällen steht in einem der dem Strafbefehl beiliegenden Schreiben ausdrücklich, dass Sie noch keine Zahlungen leisten, sondern die Rechnung von der Staatsanwaltschaft abwarten sollen. Die lässt manchmal länger auf sich warten. Hoffen Sie aber nicht zu früh – dass man Sie vergisst, ist unwahrscheinlich. Genauer wird der Ablauf im Ratgeber erläutert. Dort finden Sie auch Musterschreiben und vor allem Erläuterungen und Tipps für den Antrag auf Ratenzahlung gegenüber der Staatsanwaltschaft. Zur Ratenzahlung und zur Stundung können Sie auch unter Geldstrafe weiterlesen.

Was passiert, wenn Sie Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen?

Geldstrafe und Nebenfolgen aufgeschoben (erst einmal)

Wenn Sie Einspruch einlegen, müssen Sie die Geldstrafe (erst einmal) nicht zahlen. Voraussetzung für deren Fälligkeit ist die Rechtskraft des Strafbefehls. Der Einspruch hindert die Rechtskraft – das ist ja Sinn des Einspruchs. Das Gleiche gilt für die Nebenfolgen, also Fahrverbot, Eintrag im Bundeszentralregister usw. Bei der Entziehung der Fahrerlaubnis ist es oft so, dass diese bereits durch einen §-111a-Beschluss vorläufig entzogen wurde (z. B. nach einer Trunkenheitsfahrt). Falls das der Fall sein sollte, ändert auch Ihr Einspruch gegen den Strafbefehl nichts an diesem Beschluss – Sie müssen weiterhin laufen. Falls es keinen §-111a-Beschluss gab, ist eine Fahrerlaubnisentziehung im Strafbefehl durch den Einspruch ebenso aufgeschoben wie die übrigen Rechtsfolgen.

Gang des Verfahrens nach dem Einspruch

Wie geht das Verfahren sonst nach dem Einspruch weiter? Bei einem einfachen unbeschränkten Einspruch, den Sie nicht weiter begründen (“Gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts lege ich Einspruch ein”), liegt der gesetzliche Regelfall vor. Das läuft dann so ab:

Gang des Strafverfahrens nach Einspruch

Ist der Einspruch zulässig, also vor allem rechtzeitig eingegangen, wird der Richter in aller Regel den Termin für die Hauptverhandlung bestimmen. Mehrere Wochen, manchmal auch erst Monate nach Ihrem Einspruch werden Sie als Angeklagter zur Hauptverhandlung geladen. Sie müssen erscheinen, es sei denn, Sie lassen sich vor Gericht von einem Rechtsanwalt vertreten. Erscheinen Sie nicht und sind Sie auch nicht genügend entschuldigt, wird Ihr Einspruch gegen den Strafbefehl verworfen (vgl. § 412 StPO). Natürlich können Sie den Einspruch auch vor der Hauptverhandlung wieder zurücknehmen. Mehr zur Rücknahme finden Sie auf der Seite "Rücknahme Einspruch Strafbefehl" und im Ratgeber. Dort wird auch erklärt, ob und wie sich ein Fahrverbot, das mit dem Strafbefehl verhängt wurde, durch den Einspruch aufschieben lässt.

In der Hauptverhandlung können Sie sich dann gegen die Vorwürfe verteidigen. Es ist möglich, dass das Gericht Ihnen im Termin eine Einstellung anbietet. Kommt es zu keiner Einstellung und der Richter kann Sie auch nicht zu einer Rücknahme des Einspruchs „überreden“, ergeht am Ende der Hauptverhandlung ein Urteil. Das Urteil kann Sie freisprechen oder zu einer niedrigeren Strafe verurteilen. Sie können aber auch zu einer härteren Strafe verurteilt werden! Dazu lesen Sie mehr unten unter "Risiko des Einspruchs".

Ist die Hauptverhandlung nach dem Einspruch zwingend?

Viele haben große Sorge vor der Hauptverhandlung. Und so mancher lässt sich allein deshalb sogar von einem Einspruch abhalten. Die Frage, ob es nach einem Einspruch gegen den Strafbefehl zwingend zu einer Hauptverhandlung kommt, ist deshalb nicht unwichtig. Tatsächlich ist es oft möglich, die Hauptverhandlung zu vermeiden. Zum einen gibt es eine wichtige Variante des Einspruchs, bei der schon nach dem Gesetz keine Hauptverhandlung erforderlich ist – das ist der beschränkte Einspruch, der sich ausschließlich auf die Tagessatzhöhe bezieht. Und zum anderen kommt in vielen Verfahren statt des Strafbefehls auch eine Einstellung des Verfahrens in Betracht. Auch das geht unter Umständen schriftlich und ohne Hauptverhandlung:

Keine Hauptverhandlung bei Beschränkung auf Tagessatzhöhe

Ihr Einkommen wurde zu hoch geschätzt? Wenn es Ihnen „nur“ um eine niedrigere Geldstrafe geht, dann kann die Absenkung der Tagessatzhöhe (nicht der Tagessatzanzahl) im schriftlichen Verfahren erfolgen.

Was soll das bedeuten?

Mit Ihrem Strafbefehl werden Sie zu einer Geldstrafe verurteilt, z. B. zu 1.200 Euro. Diese Strafe setzt sich zusammen aus

  • der Anzahl der Tagessätze, zum Beispiel 30,

und

  • der Höhe der Tagessätze, zum Beispiel 40 Euro.

Beides multipliziert ergibt die Gesamtsumme: also 30 mal 40 gleich 1.200. Diese auf den ersten Blick etwas komplizierte System soll die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten bei der Strafe berücksichtigen. Genau erläutert wird das auf der Seite „Tagessatz und Tagessätze im Strafbefehl“ (und im kostenlosen Ratgeber, dort auch mit ausführlichen Erklärungen, wie man die Tagessatzhöhe berechnet und vor allem, wie man das im Verfahren relevante Einkommen berechnet). Hier ist nur wichtig, dass sich die Tagessatzhöhe aus Ihrem (Netto-) Einkommen errechnet. Diese Berechnung ist im Strafbefehl oft falsch – vor allem deshalb, weil das Einkommen des Beschuldigten geschätzt werden darf. Wenn Ihr Einkommen überschätzt wurde, können Sie – wenn Sie ansonsten mit dem Strafbefehl einverstanden sind – den Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränken. Wenn Sie gleichzeitig

  • dem Beschlussverfahren zustimmen (vgl. § 411 Abs. 1 S. 2 StPO)
  • und den Einspruch begründen (also Ihre Einkommensverhältnisse darlegen),

dann darf (und wird) das Gericht durch einen Beschluss entscheiden. Ein Beschluss ist eine Entscheidung eines Gerichts, die ohne eine mündliche Verhandlung ergeht (im Unterschied zum Urteil, das am Ende einer Hauptverhandlung verkündet wird). Lange Rede: Das Ganze geht schriftlich, ohne dass Sie vor Gericht müssen. Und das ist nicht der einzige Vorteil dieses Verfahrens: Das Gericht darf in dem Beschluss nicht zu Ihren Ungunsten entscheiden. Das heißt, in diesem besonderen Verfahren zur Anpassung der Tagessatzhöhe gibt es kein Risiko der Verschlechterung – schlimmer kann es hier nicht werden.

Wann und wie Sie den Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränken sollten und wie Sie in dem Verfahren „alles richtig“ machen, damit Sie erstens die Hauptverhandlung und zweitens das Risiko der Verschlechterung vermeiden, wird im Ratgeber erläutert. Dort finden Sie auch Beispiele und vor allem Muster für diesen beschränkten Einspruch, die Sie einfach für Ihr Verfahren anpassen können. Außerdem finden Sie im Ratgeber Erläuterungen, wie Sie Ihren Tagessatz selbst berechnen können – vor allem, wie man das strafrechtlich relevante Einkommen ermittelt, aus dem sich die Tagessatzhöhe errechnet. Da kommt es häufig auf die Details an.

Da die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten im Strafbefehlsverfahren häufig geschätzt werden, lassen sich hier oft erhebliche Einsparungen bei der Geldstrafe erreichen. Und zwar ohne Risiko und ohne, dass Sie als Angeklagter vor Gericht erscheinen müssen. Allerdings: In diesem Verfahren geht es ausschließlich um die Tagessatzhöhe. Mehr können Sie mit diesem speziellen Einspruch nicht erreichen – vor allem keine Einstellung des Verfahrens und natürlich erst recht keinen Freispruch. Bevor Sie sich für diese Variante des Einspruchs entscheiden, sollten Sie sicher sein, dass sich mit einem unbeschränkten Einspruch nicht ein besseres Ergebnis erreichen lässt.

 

Wann ist die Hauptverhandlung zwingend?

Wenn Sie einen Freispruch erreichen wollen, kommen Sie um die Hauptverhandlung nicht herum. Das Gleiche gilt, wenn Sie zu weniger Tagessätzen verurteilt werden wollen, also die Anzahl der Tagessätze angreifen wollen. Auch die Nebenfolgen (Fahrverbot, Entziehung der Fahrerlaubnis usw.) kriegen Sie ohne Hauptverhandlung nicht aus der Welt – es sei, denn, Sie erreichen die Verfahrenseinstellung nach den §§ 153, 153a StPO. Oder Ihr Fachanwalt für Strafrecht macht das für Sie. Bei einer Einstellung gibt es grundsätzlich keine Nebenfolgen.

Risiko Einspruch – Kann die Strafe höher ausfallen?

Wenn Sie einen (unbeschränkten) Einspruch einlegen, müssen Sie sich darüber im Klaren sein, dass dieser Einspruch ein Risiko mit sich bringt: Die Strafe im Urteil kann nach einem Einspruch höher ausfallen als die Strafe im Strafbefehl! Der Richter ist nicht an den Strafbefehl gebunden.

Achtung! Im Strafbefehlsverfahren gilt das sog. Verschlechterungsverbot nicht. Das bedeutet, dass die Sache nach einem Einspruch auch schlimmer werden kann. Der Richter kann in der Hauptverhandlung nach dem Einspruch eine höhere Strafe verhängen!

Das Risiko kann sich auf verschiedene Weise realisieren:

Risiko: Höhere Geldstrafe Für die Geldstrafe besteht gleich ein doppeltes Risiko: Die Geldstrafe kann höher ausfallen, wenn der Richter Sie zu mehr Tagessätzen, also zu einer höheren Anzahl verurteilt. Manche Amtsrichter verurteilen z. B. zu einer höheren Strafe, wenn der Einspruch mutwillig erscheint. Manchmal wird vorher darauf hingewiesen, sodass der Beschuldigte Gelegenheit hat, den Einspruch zurückzunehmen. Wird der Hinweis ignoriert, kann es sein, dass der Richter zu einer höheren Strafe verurteilt. Möglich ist auch, dass erst in der Hauptverhandlung Umstände bekannt werden, die eine höhere Strafe rechtfertigen.

Die Geldstrafe kann aber auch höher ausfallen, weil der Richter Ihre Tagessatzhöhe anders berechnet, z. B. weil Sie in der Hauptverhandlung erstmals Angaben zu Ihrem Einkommen machen oder weil der Richter Ihr Einkommen höher schätzt. Falls der Strafbefehl Ihr tatsächliches Einkommen unterschätzt hat (Ihre Tagessätze also zu niedrig waren), besteht hier ein besonderes Risiko, dass Sie auf keinen Fall unterschätzen sollten. Mehr dazu lesen Sie im Ratgeber.

Risiko: Andere Nebenfolgen Die Verschlechterung kann auch die Nebenfolgen betreffen: Ein Fahrverbot kann zum Beispiel länger ausfallen. Das Gleiche gilt für die Sperre bei der Entziehung der Fahrerlaubnis.

Risiko: Freiheitsstrafe? Mancher Strafbefehlsempfänger legt keinen Einspruch ein, weil er befürchtet, dass der Richter ihn statt der Geldstrafe zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Diese Sorge ist allerdings unbegründet. Fast immer. Mehr dazu im Ratgeber.

Wie wahrscheinlich ist eine Verschlechterung? Sie sollten das Risiko ernst nehmen. Mein Eindruck ist aber, dass viele Beschuldigte dieses Risiko überbewerten. Die Angst, dass sich die Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe verwandelt oder dass Sie plötzlich mit der doppelten Anzahl an Tagessätzen aus der Hauptverhandlung gehen, dürfte meist unbegründet sein. Wenn Sie gute Gründe für einen Einspruch haben und wenn es Ihnen gelingt, diese auch gegenüber dem Gericht darzulegen, ist eine Verschlechterung eher unwahrscheinlich. 

 

Der Ablauf des Strafbefehlsverfahrens nach dem Einspruch

Was passiert nach dem Einspruch gegen den Strafbefehl? Nicht jedem Beschuldigten im Strafbefehlsverfahren ist ganz klar, wie das Verfahren weitergeht, wenn er gegen den Strafbefehl Einspruch einlegt. Welchen Weg das Verfahren nimmt, hängt davon ab, welche Art Einspruch eingelegt wurde. Außerdem kommt es auch darauf an, wie der Beschuldigte oder dessen Rechtsanwalt nach dem Einspruch vorgehen – es gibt nämlich Möglichkeiten, auf den weiteren Ablauf Einfluss zu nehmen.

Der schlechteste Fall: Verwerfung wegen Unzulässigkeit

Der Einspruch gegen den Strafbefehl kann bereits unzulässig sein. Das sind vor allem Einsprüche, die erst nach Ablauf der Einspruchsfrist bei Gericht eingehen und deshalb verspätet sind. Wird die zweiwöchige Frist nicht eingehalten, dann wird der Richter den Einspruch ohne Ausnahme als unzulässig verwerfen (§ 411 Abs. 1 S. 1 StPO). Hiergegen helfen nur die sofortige Beschwerde und ggf. ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dazu lesen Sie mehr im Ratgeber, dort finden Sie auch Muster für Wiedereinsetzungsanträge. Diese Anträge sind allerdings kompliziert. Hinzu kommt, dass das Gericht diesen Antrag ablehnen wird, wenn sich dazu Gelegenheit bietet. Mein Rat deshalb: Wenn es Ihnen möglich ist, versuchen Sie sich nicht selbst am Wiedereinsetzungsantrag. Beauftragen Sie stattdessen sofort einen Fachanwalt für Strafrecht, wenn Ihr Einspruch als unzulässig verworfen wurde – unter Umständen lässt sich der Verwerfungsbeschluss angreifen.

Der günstigste Fall: Rücknahme des Strafbefehls

Manchmal sind Strafbefehle so falsch, dass sie schon nach Aktenlage nicht hätten beantragt und erst recht nicht hätten erlassen werden dürfen. Wenn es Ihnen oder Ihrem Anwalt gelingt, die Staatsanwaltschaft mit einem gut begründeten Einspruch davon zu überzeugen, dann kann sie den Strafbefehl gem. § 411 Abs. 3 S. 1 StPO zurücknehmen. Wird das Verfahren dann im Anschluss eingestellt, können Sie oder Ihr Anwalt beantragen, die Kosten und Auslagen des Beschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen (§ 467a StPO). Zu den Auslagen zählen auch die Gebühren des Verteidigers. Die Rücknahme des Strafbefehls ist vergleichbar mit einem Freispruch ohne die lästige Hauptverhandlung – besser geht es eigentlich nicht. Allerdings: Eine Rücknahme des Strafbefehls ist schwer zu erreichen und kommt nur selten vor. Mehr zu dem Thema im Ratgeber

Der Normalfall: Hauptverhandlung nach unbeschränktem Einspruch

Wird ein zulässiger unbeschränkter Einspruch gegen den Strafbefehl eingelegt und wird dieser nicht weiter begründet, dann wird das Gericht einen Termin zur Hauptverhandlung bestimmen. Dies ist der gesetzliche Regelfall (vgl. § 411 Abs. 1 S. 2 StPO). Diese – für viele ziemlich bedrohliche – Variante ist auch in der Rechtsmittelbelehrung angekündigt, die jedem Strafbefehl beigefügt ist.

Die häufige Frage, wie lange es bis zur Hauptverhandlung dauert, kann nicht allgemein beantwortet werden: Je nach Amtsgericht und Auslastung kann der Termin schon wenige Wochen nach dem Einspruch stattfinden – es kann aber auch mehrere Monate lang gar nichts passieren, bis die Ladung zur Hauptverhandlung dann endlich kommt. Wundern Sie sich deshalb nicht, wenn Sie nach Ihrem Einspruch erst einmal nichts vom Gericht hören. 

Übrigens: Wenn Sie nach dem Einspruch weder einen Verwerfungsbeschluss, noch eine Ladung zum Termin erhalten, sondern stattdessen direkt die Aufforderung der Staatsanwaltschaft, die (rechtskräftige!) Geldstrafe zu bezahlen, dann ist Ihr Einspruch nie bei Gericht eingegangen oder er wurde dort – aus welchen Gründen auch immer – nicht bearbeitet. Mein Rat: Schalten Sie sofort einen Anwalt ein. Falls das keine Option ist, weil Sie einen Anwalt nicht bezahlen wollen/können oder weil Sie Anwälte nicht mögen, dann finden Sie im Ratgeber Muster und Erläuterungen für Anträge auf eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Bei Beschränkung auf Tagessatzhöhe: Beschlussverfahren

Das Gesetz sieht in § 411 Abs. 1 S. 3 StPO eine besondere Verfahrensform vor, um eine fehlerhafte Festsetzung der Tagessatzhöhe im Strafbefehl zu korrigieren. Einiges dazu wurde bereits oben erläutert. Wird der Einspruch auf die Tagessatzhöhe beschränkt, kann das Gericht im Beschlussverfahren entscheiden, wenn alle Verfahrensbeteiligten zustimmen. Das Verfahren zur Korrektur der Tagessatzhöhe ist also ein schriftliches Verfahren. Nicht zulässig ist dieses Beschlussverfahren, wenn der Einspruch auf andere Teile des Strafbefehls beschränkt wurde – wird zum Beispiel die Höhe und die Anzahl der Tagessätze angegriffen oder wenn nur eine einzelne Straftat von mehreren vorgeworfenen Straftaten angegriffen wird. Mehr zum beschränkten Einspruch lesen Sie im Ratgeber, dort finden Sie auch Muster für Erläuterungen, wie dieser Einspruch begründet werden sollte, damit die Hauptverhandlung vermieden wird.

Die Einstellung des Verfahrens nach einem unbeschränkten Einspruch

Wird unbeschränkter Einspruch eingelegt, kann das Verfahren grundsätzlich auch eingestellt werden. Und zwar auch ohne Hauptverhandlung. Praktisch relevant sind vor allem die Einstellungen wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) oder gegen Auflagen (§ 153a StPO). Voraussetzung dieser Verfahrenseinstellung ist, dass Gericht, Staatsanwaltschaft und Beschuldigter einer solchen Verfahrensweise zustimmen. Wird das Verfahren eingestellt, erfolgt kein Eintrag im Bundeszentralregister – ein erheblicher Vorteil gegenüber dem Strafbefehl. Meist fällt die Geldauflage bei einer Einstellung nach § 153a StPO auch niedriger aus als die Geldstrafe. Zwingend ist das aber nicht.

Wie lässt sich eine Einstellung erreichen?

„Von selbst“ wird das Gericht nur in den seltensten Fällen nach einem Einspruch des Beschuldigten die Zustimmung der Staatsanwaltschaft einholen und dem Beschuldigten die Einstellung anbieten. Deshalb ist es sinnvoll – wenn die Einstellung des Verfahrens Ihr Ziel ist – den Einspruch sorgfältig zu begründen und gleichzeitig die Einstellung anzuregen. Das Amtsgericht wird dann die Akte der Staatsanwaltschaft vorlegen und zur Stellungnahme auffordern. Stimmt auch der Staatsanwalt einer Einstellung zu, dann wird dem Beschuldigten die Einstellung der Sache gegen Auflagen oder Weisungen angeboten. Am häufigsten ist die Geldauflage. Stimmt der Beschuldigte dem zu, ergeht ein vorläufiger Beschluss. Wird die Auflage dann vom Beschuldigten innerhalb der Frist erfüllt, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Dieser Verfahrensablauf ist im Strafbefehlsverfahren nicht ungewöhnlich. Als Verteidiger rate ich meinen Mandanten häufig zu diesem Verteidigungsziel, wenn ein Freispruch nicht erreicht werden kann und wenn es darum geht, den Eintrag im Bundeszentralregister und die Hauptverhandlung zu vermeiden.

Wenn Sie keinen Anwalt haben oder wollen, ist vermutlich schwieriger, die Einstellung zu erreichen. Viel weiß ich darüber leider nicht, naturgemäß habe ich nur mit Verfahren zu tun, in denen der Beschuldigte verteidigt ist. Ohne Anwalt dürfte Ihr Hauptproblem sein, realistisch einzuschätzen, ob überhaupt und welche Art der Einstellung in Ihrem Verfahren erreicht werden kann. Es macht z.B. wenig Sinn, nach einem Strafbefehl wegen einer Trunkenheitsfahrt (§ 316 StGB) eine Einstellung anzuregen: Selbst wenn Sie in Ihrem Leben noch nie aufgefallen sind, jeden Sonntag in die Kirche gehen und auch sonst von tadellosem Leumund sind, werden weder Gericht noch Staatsanwaltschaft eine Einstellung auch nur erwägen, wenn es um Alkohol am Steuer geht. Geschweige denn zustimmen. In diesen Verfahren überwiegt (fast) immer das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung.

Darüber hinaus können Sie, anders als ein erfahrener Strafverteidiger, nur schwer anhand der Ermittlungsakte die rechtlichen und tatsächlichen Probleme herausarbeiten, mit deren Hilfe Gericht und Staatsanwaltschaft zu einer Zustimmung „bewegt“ werden können. Denn je weniger eindeutig die Sache ist, desto eher wird eine Zustimmung erfolgen. Das Gleiche gilt für Verfahren, bei denen sich eine sehr aufwendige Hauptverhandlung abzeichnet – auch hier sind die Chancen auf eine Einstellung grundsätzlich höher.

Wenn Ihnen die Einstellung wichtig ist und Sie das Geld erübrigen können – beauftragen Sie einen Verteidiger (z.B. hier). Da das Verfahren schriftlich ist, spielt es übrigens keine Rolle, wo der Anwalt seinen Kanzleisitz hat. Wenn Sie es ohne Anwalt versuchen wollen oder müssen, finden Sie im Ratgeber weitere Erläuterungen zur Einstellung, vor allem aber auch Musterschriftsätze, wie eine Einstellung angeregt werden kann und wie eine entsprechende Begründung aussehen könnte.

Wie legt man Einspruch gegen einen Strafbefehl ein?

Die formalen Voraussetzungen für den Einspruch gegen den Strafbefehl sind gering. Trotzdem stelle ich immer wieder fest, dass einiges schief gehen kann: Einspruch verspätet;  Einspruch nicht unterschrieben; Einspruch zur Staatsanwaltschaft statt ans Gericht; Einspruch unüberlegt beschränkt usw. usw. Wenn Sie solche Fehler vermeiden wollen, informieren Sie sich sorgfältig (z. B. im Ratgeber). Hier finden Sie ein kostenloses Muster für den Einspruch gegen den Strafbefehl als Worddatei und als PDF zum Download.

Zu Protokoll der Geschäftsstelle?

Die Rechtsmittelbelehrung weist darauf hin, dass der Einspruch auch zu Protokoll der Geschäftsstelle aufgegeben werden kann. Die Geschäftsstelle ist so etwas wie das Sekretariat beim Gericht. Dort kümmert man sich um die Akten, die Zustellungen, die Ausfertigungen der Urteile und so weiter. Sie können persönlich zum Amtsgericht gehen und dort auf der Geschäftsstelle Ihren Einspruch protokollieren lassen. Sie haben dann die Garantie, dass der Einspruch auch bei Gericht eingeht – allerdings ist diese Art der Einspruchseinlegung auch etwas umständlich.

Frist für den Einspruch Strafbefehl

Wie wird die Frist für den Einspruch berechnet?

Der Einspruch muss innerhalb der Zwei-Wochen-Frist beim Amtsgericht, das den Strafbefehl erlassen hat, eingehen. Vieles ist im Strafverfahren kompliziert – die Fristberechnung aber nicht:

1. Sie müssen vom Zustelldatum ausgehen. Das Zustelldatum steht handschriftlich auf dem gelben Umschlag, in dem der Strafbefehl zugestellt wurde. Alle anderen Daten spielen keine Rolle! Das Datum des Strafbefehls selbst oder das Datum des Anschreibens liegt oft schon länger zurück – beide Daten sind für die Fristberechnung egal.

2. Wenn Sie das Zustelldatum gefunden haben, suchen Sie im Kalender den entsprechenden Wochentag für dieses Datum heraus. Zum Beispiel Montag.

3. Der Fristablauf ist dann am gleichen Wochentag genau zwei Wochen später. Montag bleibt also Montag.

Ein Beispiel für die Fristberechnung macht das klarer: Der Strafbefehl wird am 1. März zugestellt. Das ist ein Mittwoch. Die Frist läuft dann bis zum Mittwoch zwei Wochen später, das ist der 15. März. An diesem Mittwoch muss der Strafbefehl bei Gericht eingehen. Wenn Sie den Einspruch um 23:59 Uhr in der Nacht vom Mittwoch auf den Donnerstag in den Nachtbriefkasten einwerfen, ist der Einspruch rechtzeitig. Kommen Sie zwei Minuten später, also am Donnerstag um 00:01 Uhr, ist die Frist versäumt, der Einspruch ist unzulässig und wird verworfen. Hoffen Sie hier nicht auf Gnade. Fristablauf ist Fristablauf, Gerichte kennen bei Fristen keinen Spaß. Wenn Sie keinen Wiedereinsetzungsantrag stellen können, ist die Sache vorbei.

Einzige Ausnahme bei der Fristberechnung, aber zu Ihren Gunsten: Wenn der Strafbefehl an einem Samstag, Sonntag oder Feiertag zugestellt wurde, endet die Frist nicht genau zwei Wochen später, sondern am ersten darauf folgenden Werktag (vgl. § 43 Abs. 2 StPO). Weil die Post an Sonn- und Feiertagen nicht kommt, ist eigentlich nur der Samstag relevant.

Auch dafür ein Beispiel: Der Strafbefehl wird am 1. März zugestellt. Das ist ein Samstag. Die Frist würde eigentlich bis zum Samstag zwei Wochen später laufen, das wäre der 15. März. Wegen der Ausnahme in § 43 StPO zählt der folgende Montag als erster Werktag aber noch zur Frist, das ist dann der 18. März. An diesem Montag muss der Strafbefehl bei Gericht eingehen, und zwar bis spätestens 23:59 Uhr in der Nacht auf den Dienstag. Sollte der Montag auch ein Feiertag sein, z.B. Ostermontag, läuft die Frist bis Dienstag 23:59 Uhr.

Alles ganz einfach. Aber: Zwei Wochen sind kurz! Riskieren Sie nicht, dass der Einspruch zu lange in der Post unterwegs war und zu spät eingeht – anders als die Fristberechnung sind Wiedereinsetzungsanträge im Strafverfahren leider kompliziert. (Muster finden Sie im Ratgeber).

Übrigens: Versuchen Sie nicht, bei Gericht eine Fristverlängerung zu beantragen!

Das ist eine ganz schlechte Idee. Denn die Einspruchsfrist kann aus rechtlichen Gründen nicht verlängert werden. Bis das Gericht Ihnen das mitteilt, ist Ihre Einspruchsfrist bereits abgelaufen und der Strafbefehl rechtskräftig. Das richtige Vorgehen, wenn Sie sich nicht sicher sind, noch einen Anwalt suchen wollen (hier wäre übrigens einer) oder aus sonstigen Gründen mehr Zeit brauchen: Erst einmal Einspruch einlegen. Später können Sie den gegebenenfalls zurücknehmen (dazu unten). Das kostet nichts, ist unproblematisch und Sie vermeiden so, dass Sie die Einspruchsfrist versäumen.

Frist verpasst? Frist versäumt? Frist abgelaufen?

Wenn die Einspruchsfrist bereits abgelaufen ist, kann ein „Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“ gestellt werden. Voraussetzung ist, dass Sie die Frist unverschuldet versäumt haben. Wichtigstes Beispiel: Sie sind im wohlverdienten Urlaub und finden bei Ihrer Rückkehr den Strafbefehl im Briefkasten. Die Einspruchsfrist lief ab, als Sie in der Karibik am Strand lagen. Für solche und andere Fälle unverschuldeter Säumnis gibt es die Wiedereinsetzungsanträge. Mein Rat: Beauftragen Sie umgehend einen Anwalt. Die Einzelheiten zu diesen komplizierten Anträgen – die gerne und häufig abgelehnt werden – finden Sie im Ratgeber. Wenn die Frist verschuldet versäumt wurde, hilft gegen einen rechtskräftigen Strafbefehl kein Antrag auf Wiedereinsetzung, sondern nur noch ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 359 StPO). Viel Glück damit – Sie werden es brauchen! 

Was ist ein unbeschränkter Einspruch?

Der unbeschränkte Einspruch ist der Normalfall. Wenn Sie mit dem Zweizeiler von oben („gegen den Strafbefehl lege ich Einspruch ein“) Einspruch einlegen, dann ist ihr Einspruch unbeschränkt. In der Hauptverhandlung geht es dann darum, ob Sie die Straftat begangen haben – das wird in der Beweisaufnahme geklärt. Und es geht auch um die Frage, wie Sie für die Tat zu bestrafen sind. Das überlegt sich der Richter, nachdem er sich die Plädoyers und das letzte Wort angehört hat. Wenn Sie einen Freispruch erreichen wollen, müssen Sie einen unbeschränkten Einspruch einlegen. Wenn Sie erreichen wollen, dass das Verfahren eingestellt wird, müssen Sie ebenfalls einen unbeschränkten Einspruch einlegen. Nur dann, wenn Sie die Verurteilung oder Teile der Verurteilung akzeptieren wollen, können Sie über eine Beschränkung nachdenken. Zu kompliziert? Mehr dazu im Ratgeber

 

Welche Kosten entstehen durch den Einspruch gegen den Strafbefehl?

Durch den Einspruch selbst entstehen keine weiteren Gerichts- oder Verfahrenskosten. Allerdings führt der Einspruch in den meisten Fällen (siehe oben) zu einer Hauptverhandlung. Und die Hauptverhandlung führt zu höheren Verfahrensgebühren – die Sie zahlen müssen, wenn Sie am Ende verurteilt werden. Meist zahlen Sie im Strafbefehlsverfahren 70 Euro Verfahrenskosten plus Zustellgebühren plus evtl. weitere Verfahrensauslagen der Justiz. Die Gebühr verdoppelt sich, wenn es nach dem Einspruch zur Hauptverhandlung kommt (dann 140 Euro plus Zustellgebühren und weitere Auslagen). Allerdings können in der Hauptverhandlung weitere Kosten entstehen. Wenn z.B. Zeugen geladen werden und diese Auslagen für Reisekosten oder für Verdienstausfall geltend machen, werden auch diese Kosten am Ende dem Verurteilten auferlegt. Mehr zu den Kosten lesen Sie im Ratgeber


10 Tipps für den Einspruch gegen den Strafbefehl

Tipp 1: Gelben Umschlag aufbewahren – Frist berechnen

Wie oben bei der Fristberechnung erläutert, ist der gelbe Briefumschlag entscheidend für die Fristberechnung. Es ist misslich, wenn Sie (oder Ihr Anwalt) später im Dunkeln tappen, wann genau die Einspruchsfrist abläuft. Bewahren Sie den Umschlag auf oder berechnen Sie die Frist sofort. Wenn Sie Zeit brauchen, um sich die Sache zu überlegen, um einen Anwalt zu suchen oder aus sonstigen Gründen: Legen Sie erst einmal Einspruch ein, um die Frist zu wahren. Den Einspruch können Sie später zurücknehmen. Achten Sie bei der Frist auf die Postlaufzeit. Der Einspruch muss rechtzeitig bei Gericht eingehen. Absenden genügt grundsätzlich nicht. Auch wenn Briefe meistens am nächsten Tag eingehen – eine Garantie gibt es dafür nicht. Selbst wenn man bei ungewöhnlich langer Postlaufzeit einen Wiedereinsetzungsantrag stellen könnte – sparen Sie sich den Nervenkitzel. Legen Sie rechtzeitig Einspruch ein, und zwar „richtig“ (dazu unten und im Ratgeber).

Tipp 2: Tagessatzhöhe kontrollieren

Mit einem beschränkten Einspruch gegen die Tagessatzhöhe können Sie ohne großen Aufwand und vor allem ohne Risiko unter Umständen eine Menge Geld sparen. Hier sind viele Strafbefehle falsch. Mir sind schon welche untergekommen, die zu 4.500 Euro verurteilt haben, tatsächlich wären 1.350 Euro „richtig“ gewesen (90 Tagessätze à 50 Euro im Strafbefehl statt 90 Tagessätze à 15 Euro, die zutreffend gewesen wären).

Es lohnt sich deshalb, die Tagessatzhöhe selbst zu berechnen und die Geldstrafe im Strafbefehl zu kontrollieren. Dabei gibt es eigentlich nur ein Problem: Das strafrechtlich relevante Nettoeinkommen ist nicht identisch mit dem Nettoeinkommen, das auf Ihrem Gehaltszettel steht. Im Strafverfahren gibt es weitere Abzugsmöglichkeiten, die Ihr Einkommen erheblich mindern können. Hier gibt es viele Missverständnisse, was abgezogen werden kann und was nicht. Erläuterungen dazu finden Sie im Ratgeber. Außerdem Muster, die es Ihnen erleichtern, den beschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl selbst einzulegen.

Tipp 3: Strafbefehl nicht vorschnell akzeptieren

Viele lassen sich vom Einspruch abschrecken, weil sie nichts mit dem Gericht zu tun haben wollen, weil ihnen nicht klar ist, was man mit dem Einspruch erreichen kann, weil sie Angst vor einer Verschlechterung oder Angst vor der Hauptverhandlung haben. Diese Ängste sind verständlich, häufig aber nicht wirklich begründet. Das Risiko der Verschlechterung sollte man ernst nehmen, aber auch nicht überbewerten. Die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung, die vielen Betroffenen arges „Bauchweh“ bereitet, ist ein wenig wie der Scheinriese bei Jim Knopf: Von weitem betrachtet groß und furchteinflößend, von nahem betrachtet eher klein und zu vernachlässigen (mehr zur Hauptverhandlung und zur Öffentlichkeit im Ratgeber). Wenn Sie im Gerichtssaal sind, werden Sie feststellen, dass sich die Öffentlichkeit dort eher selten blicken lässt.

Bevor Sie einen Strafbefehl akzeptieren, sollten Sie sich darüber im Klaren sein, welche Folgen der Strafbefehl für Sie haben kann. Ein Beispiel: Ein Mandant kam zu mir mit einem rechtskräftigen Strafbefehl und wollte wissen, was man noch unternehmen kann. Er hatte den Strafbefehl seinerzeit akzeptiert, weil die Geldstrafe eher niedrig war. Nun hatte sich aber die Behörde gemeldet, um ihm die Gewerbezulassung zu entziehen. Wegen des Strafbefehls ging die Behörde davon aus, dass es ihm an der notwendigen Zuverlässigkeit fehlt. Faktisch hatte der Strafbefehl damit die Wirkung eines Berufsverbots! An der Sache war besonders ärgerlich, dass man den Strafbefehl wahrscheinlich ohne größere Schwierigkeiten aus der Welt bekommen hätte. Dafür war es nach Rechtskraft zu spät. 

Tipp 4: Nicht unüberlegt Einspruch einlegen – Risiken im Blick behalten

Auf der anderen Seite sollten Sie Ihren Einspruch nicht unüberlegt einlegen. Auch wenn man das Risiko der Verschlechterung nicht überbewerten sollte, so muss man es doch ernst nehmen. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, was man mit dem Einspruch erreichen will und was sich erreichen lässt (dazu mehr im Ratgeber). Dem Richter in der Hauptverhandlung zu erklären „wie es wirklich war“ ist eine „Strategie“, die schon oft schiefgegangen ist. Gehen Sie grundsätzlich davon aus, dass der Richter Ihren Erklärungen sehr viel weniger Glauben schenken wird als den Aussagen der Zeugen. Als Angeklagter sind Sie in der Defensive. In vielen Verfahren ist es sinnvoll, die Ermittlungsakte einzusehen, damit man überhaupt weiß, was die Zeugen zu Protokoll gegeben haben (mehr zu Akteneinsicht im Ratgeber, dort auch Musteranträge zur Akteneinsicht). 

Tipp 5: "Richtig" Einspruch einlegen

Für den einfachen unbeschränkten Einspruch gegen den Strafbefehl genügt der Satz: „Gegen den Strafbefehl lege ich Einspruch ein“ (dazu schon oben). Formalia für den Einspruch gibt es nur wenige (mehr dazu im Ratgeber). Aus vielen Verfahren weiß ich aber, dass bei der Einlegung des Einspruchs trotzdem Fehler passieren. Zum Beispiel wird ein Einspruch erklärt, der nicht zu den Verteidigungszielen passt. Dann wird anfangs eine Beschränkung erklärt, die später wieder rückgängig gemacht werden soll. Oder es ist nicht eindeutig formuliert, ob der Einspruch beschränkt wird oder nicht. Oder es wird ein Einspruch eingelegt, der auf die Tagessatzhöhe beschränkt wird, aber nicht in einer Form, die es dem Gericht ermöglicht, ohne Hauptverhandlung zu entscheiden. Solche Fehler sind verständlich. Juristen sprechen ihre eigene Sprache. Und der Amtsrichter bevorzugt es natürlich, wenn die Schreiben des Beschuldigten klar und eindeutig sind, sodass er nicht darüber spekulieren muss, was gemeint war. Deshalb: Halten Sie sich an die üblichen Formulierungen. Vermeiden Sie Unklarheiten und formale Fehler. Musterschriftsätze, die Sie auf Ihren Fall anpassen können und die ausführlich erläutert sind, finden Sie im Ratgeber.

Tipp 6: Rechtzeitig Einspruch einlegen

Überraschend oft gibt es Probleme mit der Einspruchsfrist. Das ist verständlich, wenn der Strafbefehl während des Urlaubs zugestellt wurde. Oft ist aber Ratlosigkeit oder Unentschlossenheit dafür verantwortlich, dass es Probleme mit der Frist gibt. Diese Probleme lassen sich vermeiden: Wenn Sie mehr Zeit brauchen, um sich zu informieren, sich beraten zu lassen oder einfach, um sich die Sache zu überlegen, dann legen Sie fristwahrend Einspruch ein. Sie können den Einspruch später zurücknehmen (dazu oben, Erläuterungen und Muster dafür finden Sie auch im Ratgeber).

Allerdings ist auch nach einem Einspruch ein wenig Eile geboten, weil Sie nicht wissen können, wann das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung bestimmen wird. Das kann schnell gehen, das kann aber auch länger dauern (mehr dazu im Ratgeber). 

Tipp 7: Akteneinsicht beantragen

Wenn Sie sich in der Hauptverhandlung gegen die Vorwürfe verteidigen wollen, ist es ratsam, Einsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen. Das gilt vor allem dann, wenn Sie die Vorwürfe bestreiten und es Zeugen gibt, die Sie belasten. Dann müssen Sie wissen, was diese Zeugen in den Vernehmungen ausgesagt haben, bevor Sie in die Hauptverhandlung gehen. Aber auch in anderen Verfahren ist die Strafakte eine wichtige Informationsquelle. Wenn Sie einen Anwalt haben, wird er mit dem Einspruch auch Akteneinsicht beantragen. Sie erhalten dann die vollständige Akte oder Auszüge über Ihren Anwalt (jedenfalls mache ich das so). Wenn Sie keinen Anwalt haben, ist es mit der Akteneinsicht ein wenig schwieriger. Sie haben zwar ein Akteneinsichtsrecht nach § 147 Abs. 7 StPO. Das ist in der Praxis aber wenig bürgerfreundlich gestaltet (mehr dazu im Ratgeber, dort finden Sie auch Muster für Akteneinsichtsanträge). 

Tipp 8: Bei Beschränkung auf Tagessatzhöhe: Einspruch begründen

Wenn Ihre Tagessätze zu hoch geschätzt wurden, Sie aber ansonsten den Strafbefehl und dessen Folgen akzeptieren wollen, dann empfiehlt es sich, den Einspruch auf die Höhe der Tagessätze zu beschränken. Dann kann das Gericht ohne Hauptverhandlung entscheiden, das spart nicht nur Zeit, sondern auch Gerichtskosten. Darüber hinaus kann das Gericht im Beschluss zwar die Absenkung der Tagessatzhöhe ablehnen, es kann aber die Tagessätze nicht zu Ihren Ungunsten verändern.

Um in den Genuss dieser Vorteile zu kommen, muss die Beschränkung unmissverständlich und eindeutig erklärt werden. Außerdem muss der Einspruch begründet werden, damit das Gericht auch die notwendigen Informationen hat, die es braucht, um die Tagessatzhöhe anzupassen. Muster für den beschränkten Einspruch und für die Begründungen, die Sie an Ihren Fall anpassen können, finden Sie im Ratgeber. Dort finden Sie auch detaillierte Erläuterungen, wie das strafrechtlich relevante Nettoeinkommen zu berechnen ist, sodass Sie Ihre Tagessatzhöhe selbst berechnen und dann entscheiden können, ob sich ein beschränkter Einspruch in Ihrem Verfahren lohnt oder nicht.

Tipp 9: Fachanwalt für Strafrecht beauftragen

„Gegen den Strafbefehl lege ich Einspruch ein“ – das aufzuschreiben und an das Gericht zu schicken, ist nicht gerade Raketenwissenschaft. Warum einen Anwalt beauftragen, wenn man das selbst machen kann? Anwälte kosten Geld. Und wenn man den Einspruch vor allem einlegt, weil man das Geld für die Geldstrafe sparen möchte, dann macht es wenig Sinn, einen Anwalt zu beauftragen. Oder doch?

Einen Anwalt beauftragen Sie nicht, damit er für Sie einen Zweizeiler an das Gericht schickt, den Sie auch selbst schreiben könnten. Einen Anwalt beauftragen Sie, weil Sie jemanden brauchen, der Ihnen erklären kann, welches Verteidigungsziel in Ihrem Verfahren realistisch erreichbar ist und wie dieses Ziel erreicht werden kann. Wenn das Ziel klar, wird Ihr Anwalt Ihnen helfen, es zu erreichen. Entweder, indem er den Einspruch sorgfältig begründet und Gericht und Staatsanwaltschaft überzeugt, dass die Sache mit einer Einstellung beendet werden kann. Oder indem er Sie in der Hauptverhandlung verteidigt, um eine niedrigere Strafe oder einen Freispruch zu erreichen. Bei alledem geht es auch darum, das Risiko der Verschlechterung zu vermeiden. Das setzt voraus, dass der Anwalt viel Erfahrung in der Strafverteidigung und in der Verteidigung gegen Strafbefehle hat. Deshalb sollten Sie einen Fachanwalt für Strafrecht beauftragen.

 

Tipp 10: Einspruch ohne Anwalt? Ratgeber anfordern!

 

 

Wenn Sie keinen Anwalt bezahlen können oder wollen oder wenn Sie aus anderen Gründen keinen Anwalt beauftragen, dann sollten Sie sich selbst umfassend über den Strafbefehl, dessen Folgen und die Einspruchsmöglichkeiten informieren. Zuverlässig geht das mit dem Ratgeber zum Strafbefehl. Dort finden Sie die wichtigsten Muster für alle möglichen Situationen im Strafbefehlsverfahren, außerdem genaue Erläuterungen zur Berechnung der Tagessatzhöhe. Den Ratgeber können Sie nach dem Kauf direkt als PDF-Datei herunterladen.

 

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